Skalierung und Integration von KI: Strategien zur Optimierung von Geschäftsmodellen und Unternehmensprozessen

Die Digitalisierung ist mittlerweile in fast allen Unternehmensbereichen angekommen. Prozesse, Produkte und auch Services generieren viele Daten. Bisher werden aber vor allem Geschäftsprozesse analysiert und optimiert. So ist auch KI oftmals nur lokal in Prozessen oder nur Teilprozessen auf der Durchführungsebene zu finden, KI-Anwendungen sind also sehr nah am Tagesgeschäft angesiedelt. Solche isolierten Lösungen aus spezifischen Anwendungsgebieten sind allerdings nur sehr mühsam auf andere Gebiete übertragbar. Die Skalierung von KI über gesamte Unternehmensbereiche verspricht allerdings ein großes Potenzial, gerade auch für wertsteigernde Angebote gegenüber Kunden. Somit werden Potenziale auf der operativen Ebene heute schon gut genutzt, aber eine strategische Einbettung in ein Geschäftsmodell ist bisher kaum verbreitet. Gerade dort sind aber große Skaleneffekte zu erwarten. Laut Accenture haben skalierbare KI-Lösungen einen 3 mal höheren ROI im Vergleich zu isolierten KI-Lösungen.

[https://aibtsdiagnostic.accenture.com/#:~:text=The%20answer%20appears%20to%20lie%20in%20the%20gap,the%20return%20on%20their%20investments%20compared%20to%20non-scalers.]

Daher sollten vor allem Bereiche gesucht werden, in dem KI relativ schnell einen großen Unterschied macht, also dort, wo mehrere verbundene Aktivitäten und Möglichkeiten zur gemeinsamen Nutzung von Daten und Technologien vorhanden sind. Wie solche strategischen Bereiche gefunden werden und wie die Durchführung eines solchen Projekts optimal gelingt, wird in diesem Beitrag vorgestellt.

Zunächst aber nochmal einen Schritt zurück. Was ist überhaupt ein Geschäftsmodell? Ein Geschäftsmodell ist sozusagen eine Blaupause, wie Umsätze generiert, langfristiges Wachstum gesichert und hohe Margen erzielt werden. Es handelt sich also um die Logik des Geld Verdienens. Beschrieben werden sie anhand abstrakter Modelle wie bspw. der relativ bekannten Business Model Canvas oder dem V4-Modell, das Sie auf folgender Abbildung 2 sehen können.

Zwar gibt es viele Modelle zur Beschreibung eines Geschäftsmodells, im Kern sind sie aber auf vier wesentliche wertbasierte Bestandteile reduzierbar: das Wertangebot mit einem Angebot von Produkten und Services zur Erfüllung von Kundenbedürfnissen; die Wertschöpfungsarchitektur mit der organisatorischen und technischen Infrastruktur zur Bereitstellung des Wertangebots; das Wertschöpfungsnetzwerk, das die Kooperation mit anderen Unternehmen und Partnern beschreibt und schließlich die Wertschöpfungsfinanzen bestehend aus Preisstrukturen, Umsätzen, Kosten und der Profitabilität.

Wofür erfolgte jetzt die Erläuterung der einzelnen Bestandteile? Von einem KI-Geschäftsmodell wird gesprochen, wenn mindestens einer dieser vier Bestandteile von KI unterstützt wird. Ein bekanntes Beispiel ist hierbei die Firma Kaeser. Im ursprünglichen Geschäftsmodell wurden Druckluftkompressoren (Wertangebot) verkauft, die Generierung von Umsatz (Wertschöpfungsfinanzen) erfolgte vor allem durch den Verkauf dieser Produkte. Durch die Ausstattung der Kompressoren mit Sensoren konnte mit Hilfe von KI-Technologien eine vorausschauende Instandhaltung realisiert werden, wodurch sich für Kaeser neue Geschäftsmodellansätze ermöglicht haben. Als Wert kann jetzt nicht mehr nur ein Kompressor, sondern die zuverlässige Verfügbarkeit von Druckluft angeboten werden. Da nun diese Verfügbarkeit verkauft werden soll, werden also auch die Wertschöpfungsfinanzen beeinflusst und das Erlösmodell von einem Verkauf hin zu einer nutzungsbasierten Zahlung (Druckluft-as-a-Service) umgestellt.

Wie an diesem Beispiel zu erkennen, ist der Prozess hin zu einem neuen Geschäftsmodell sehr vielschichtig. Die verschiedenen Wertdimensionen eines Geschäftsmodells stehen in Wechselwirkung zueinander und die Veränderung einer Dimension führt auch oft zur Veränderung einer weiteren Dimension. Die Schwierigkeit bei der Entwicklung eines KI-Geschäftsmodells besteht also nicht nur in der Innovation an sich. Sondern neben der Innovation muss zusätzlich sogar eine neue Technologie verstanden und eingeführt werden. Der Entwicklungsprozess neuer Geschäftsmodelle ist daher sehr komplex und sollte strukturiert angegangen werden.

Auf nachfolgender Grafik ist ein solcher Entwicklungsprozess eines KI-basierten Geschäftsmodells zu sehen.

Der Prozess basiert auf einem klassischen und in der Praxis viel genutzten Entwicklungsprozess von Osterwalder. Hier wurde allerdings die Phase „Entmystifizieren“ hinzugefügt, die den Vertrauensaufbau und Akzeptanzförderung der Mitarbeiter umfasst. Die Technologieakzeptanz unter Mitarbeitern ist von großer Bedeutung, nur mit ausreichender Akzeptanz lassen sich Technologien erfolgreich einführen. Sollte die Mitarbeiterakzeptanz für neue Technologien gering sein, ist mit einem Scheitern solcher Projekte zu rechnen.

Neben dem Hinzufügen der Phase Entmystifizieren wurde der gesamte Prozess auf das Thema KI angepasst und abgestimmt. Der Fokus dieses Beitrags liegt aber vor allem auf den Phasen Initiieren, Verstehen & Analysieren sowie Gestalten & Testen. Diese Phasen sind der eigentliche Kern des GM-Entwicklungsprozesses und enthalten den Weg hin zur Identifizierung und Auswahl von erfolgsversprechenden Ideen für KI-basierte Geschäftsmodelle.

Die Phase Initiieren enthält im Wesentlichen die Festlegung eines strategischen Rahmens und die Bildung eines Projektteams. In der folgenden Phase (Verstehen & Analysieren) wird das eigene Geschäftsmodell und des Geschäftsmodellumfelds analysiert. Mit Hilfe der dabei gewonnen Erkenntnisse werden schließlich in der nächsten Phase (Gestalten & Testen) Ideen generiert und bewertet.

Wie gerade erwähnt, wird in der Phase Initiieren zuerst der strategische Rahmen festgelegt. Diese Festlegung erfolgt auf Managementebene und umfasst die Eingrenzung auf eine Unternehmensdomäne, in der KI in relativ kurzer Zeit einen großen Einfluss nehmen kann. Hierbei sollte auf low-hanging-fruits gesetzt werden, also zunächst leicht umsetzbare Anwendungen, bei denen mit einer hohen Mitarbeiterakzeptanz zu rechnen ist. Das sind vor allem datenbasierte, automatisierte und stark wiederkehrende Prozesse wie Produktempfehlungen, personalisiertes Marketing oder Bilderkennung. Weiterhin sollte die ausgewählte Domäne groß genug sein, um entweder den Gewinn des Unternehmens oder die Erfahrungen der Kunden oder Mitarbeiter signifikant zu steigern. Ein Telekommunikationsanbieter hat bspw. die Verwaltung von Kundenbedürfnissen gewählt. KI wird hier genutzt, um individuelle Bedürfnisse zu verstehen. Dadurch konnte das Marketing optimiert und die dafür benötigte Zeit um 75% reduziert werden.
Weiterhin sollten in dem ausgewählten Unternehmensbereich viele verbundene Tätigkeiten auffindbar sein. Vor allem die Wiederverwendung von Daten und Technologien spielt dabei eine große Rolle, denn damit können neue Projekte auf früheren aufbauen, was Entwicklungszeit und -kosten drastisch reduziert. In der Phase Initiieren erfolgt darüber hinaus die Aufstellung eines Teams. Das sollte möglichst interdisziplinär sein, also Vertriebler, Prozessspezialisten, operative Mitarbeiter und Führungskräfte beinhalten, um möglichst alle Querschnittsfunktionen abzubilden. Der Aufbau eines interdisziplinären Teams kann dabei noch weitere Effekte wie das Aufbrechen von Organisationssilos beinhalten. Weiterhin sollten Teams divers, also anhand unterschiedlichen Alters und Erfahrungslevel zusammengestellt werden. Dem ausgewählten Projektteam sollten dann organisatorische Hürden genommen werden. Ihnen muss also genügend Abstand zum Tagesgeschäft und ausreichend Zeit für die Projektbearbeitung gegeben werden. Das Management ist für diese Einhaltung zuständig, dabei sollte dem Team aber Handlungsspielraum und selbstständige Arbeit gewährleistet werden. Darüber hinaus sind dem Team die benötigten Ressourcen bereitzustellen. Neben einem Budget könnte das auch externe Expertise in Form von IT-Experten, Data Scientists oder KI-Experten sein.

Ist der organisatorische Rahmen gesetzt, kann mit dem Verstehen & Analysieren des eigenen Geschäftsmodells und der Geschäftsmodellumgebung begonnen werden.  Die Erfassung des eigenen Geschäftsmodells wird hierbei vorgenommen, um eine einheitliche Kommunikationsgrundlage unter allen Projektbeteiligten zu schaffen. Sie wird die Grundlage zur Weiterentwicklung sein.

Im Anschluss an die Geschäftsmodellerfassung erfolgt die Analyse der Kunden. Sie ist von besonderer Bedeutung, da Kunden über den Erfolg oder Misserfolg von Produkten oder Services entscheiden. Sie kaufen Wertangebote oder entscheiden sich dagegen. Deshalb ist es im B2B und im B2C Kontext wichtig, die alltäglichen Probleme der Kunden während der Arbeit oder auch im Privatleben zu kennen. Nur so können Rückschlüsse zum Entwurf von Produkten und Dienstleistungen gemacht werden, die tatsächlich Kundenprobleme und -bedürfnisse adressieren. Der Fokus liegt also auf einer problemorientierten Sicht.

Ein Geschäftsmodell befindet sich in stetiger Wechselwirkung mit dem Umfeld, deshalb werden auch Branchenkräfte, also die Verhandlungsmacht von Kunden und Lieferanten sowie der Einfluss durch Wettbewerber und Ersatzprodukte untersucht. Daneben sollten eine Vielzahl an Trends, wie bspw. technologische, ökologische, wirtschaftliche oder auch soziale Trends analysiert und beobachtet werden. Die Analyse dieser Faktoren trägt dazu bei, die eigene Position im Wettbewerb zu verorten, zukünftige Entwicklungen abzuschätzen und in Reaktion darauf spezifische Ideen zu entwickeln.

Zusätzlich sollten hier schon relevante Use Cases und Best Practices der eigenen Branche, aber auch über die Branche hinaus identifiziert werden, die Aufschluss über Technologiepotenziale im eigenen Unternehmen geben können.

Mit Hilfe dieser Analyseergebnisse, kann dann in die nächste Phase übergegangen werden, dem Gestalten eines neuen Geschäftsmodells und Testen von konzipierten Geschäftsmodellprototypen. Um ein neues Geschäftsmodell zu entwerfen, müssen zunächst sämtliche Ideen gesammelt werden. Hier können drei verschiedene Perspektiven verfolgt werden. Ideen können bspw. potenzialorientiert gebildet werden. Hierbei wird versucht, vielversprechende Technologien zu identifizieren und ausgehend von einer Technologie Kundenmehrwert zu schaffen. Dem gegenüber steht die problemorientierte Ideenbildung – hier wird ausgehend von aktuellen Kundenproblemen und -bedürfnissen untersucht, wie ich diese Probleme und Bedürfnisse mit einer Technologie wie KI lösen kann. Die dritte Perspektive der Ideenbildung ist die datenorientierte Perspektive. Ausgehend von den verfügbaren Daten werden vielversprechende Technologieanwendungen gesucht. Unterstützt werden diese Ansätze von Workshop- und Kreativitätstechniken wie Brainstorming oder Mind-Maps. In dieser kreativen Phase sollten sämtliche Ideen ohne Kritik zugelassen werden, eine Bewertung und Aussortierung erfolgt anschließend noch.

Ist eine Vielzahl an unterschiedlichen Ideen gesammelt, erfolgt eine erste Bewertung der Wirksamkeit und Machbarkeit zur Eingrenzung der Ideen. Dahinter verbirgt sich eine Schätzung von Nutzen und Aufwand der Ideen – Wird ein bestehendes Problem gelöst, können Umsätze generiert oder Kosten gespart werden? Wie viele Ressourcen werden gebunden, wie schnell lässt sich die Idee umsetzen und wie hoch ist dabei das Risiko? Sind alle Ideen bewertet, können sie anhand einer Priorisierung in eine Rangfolge gebracht werden.

Durch diesen strukturierten Prozess ist im Ergebnis eine geordnete Sammlung von Ideen erarbeitet wurden, die ein großes Potenzial zu einer erfolgreichen Umsetzung und Projektdurchführung versprechen.

Quellen:

Autor:

Maximilian Reuß
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF
wissenschaftlicher Mitarbeiter – Abteilung Logistik- und Fabriksysteme – Gruppe Kollaborativer Fabrikbetrieb
Sandtorstr. 22, 39106 Magdeburg, Germany
Mail: maximilian.reuss@iff.fraunhofer.de
Tel.: 0391 4090 705

2 Kommentare zu „Skalierung und Integration von KI: Strategien zur Optimierung von Geschäftsmodellen und Unternehmensprozessen“

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